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Religion: Neuer Papst, neues (Un-)Glück

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papstwahl120Am heutigen Nachmittag beginnt die Papstwahl. Die 115 nach Rom gereisten Kardinäle stehen dabei vor der Aufgabe eine eierlegenden Wollmilchsau zu finden. Der Nachfolger des am 28. Februar diesen Jahres zurückgetreten Benedikt XVI. muss eine zerrüttete Kirchenführung übernehmen, öffentliche Kritik verarbeiten und Millionen mittlerweile enttäuschter Katholiken aufmuntern. Viele Gläubige hoffen auf die Wahl eines Außenseiters, z.B. aus Afrika, Lateinamerika oder den USA. Den konservativen Machern im Vatikan könnte so eine Wahl durchaus nicht ungelegen kommen.

Das Hoffen und Bangen der Gläubigen

In der Papstwahl liegen auch viele Hoffnungen auf einen Aufbruch der katholischen Kirche. Die Sehnsucht nach einem Wandel vom mittelalterlichen, erzkonservativen und unnahbaren Kirchenstaat hin zu einer offenen und modernen Kirchenleitung wird immer größer. Und damit wächst auch der Wunsch nach einem neuen Papst, der nicht aus dem alten, schwerfälligen Europa kommt, sondern aus einem jungen und lebendig wirkenden Land. So werden mit dem Ghanaer Kardinal Peter Turkson (64), dem Brasilianer Odilo Pedro Scherer (63) oder dem New Yorker Kardinal Timothy Dolan (63) drei nicht europäische Namen ins Rennen geworfen. Sie sind relativ jung, repräsentieren Millionen Katholiken in ihren Diözesen und tragen den Charme lebendiger Kirchen.

Ein populärer Schattenpapst

Alleine die Herkunft eines neuen Papstes garantiert aber noch lange nicht die gewünschte und notwendige Reform und Öffnung der katholischen Kirche. All diese Wunschkandidaten vertreten in Ihren Diözesen zum Teil erzkonservative Thesen und bedingungslose Romtreue. Für die Strippenzieher im Vatikan wären sie daher gute Kandidaten. Sie würden den Katholiken weltweit Offenheit signalisieren ohne dabei wirklich Reformen und Gegenwind befürchten zu müssen. Und wenn die Amtszeit dieses Papstes in ein paar Jahren dann doch Ernüchterung bei den Gläubigen und Kritikern hervorruft, könnten die Hardliner durchsickern lassen, dass europäische oder sogar römische Päpste halt doch die besseren Gottesvertreter wären. Die Außenseiter würden aber sicherlich mehr Witz in den Vatikan bringen als die altbackenen Europa-Kandidaten. Auf die Frage, ob  Jesus auch Humor habe, sagte der US-amerikanische Kardinal Timothy Dolan: „Na klar. Er hat mich zum Priester erwählt!“

Das schwere Los der Reformer

Es gibt durchaus Kardinäle, die der Kirche nicht nur optisch einen modernen und offenen Anstrich geben könnten. Der erst 55jährige  philippinischen Kardinal Luis Antonio Tagle gilt zum Beispiel als offen und dynamisch und seine Wahl würde schon alleine 75 Millionen Katholiken in seiner Heimat glücklich machen. Seine Wahl wäre aber sehr riskant für die Hardliner, denn es bestünde die Gefahr, dass er in einer möglichen über 30 Jahre andauernden Amtszeit die Kirche komplett umkrempeln könnte. Auch der Erzbischof von Boston Kardinal Sean Patrick O’Malley könnte der katholischen Kirche etwas Schwung geben. Der als Aufräumer geltende Kapuzinermönch hat in den USA in einigen Diözesen das Missbrauchsthema offen angegangen und sogar Kirchen und Inventar verkauft, um Opfer finanziell zu entschädigen. Ob er sich diesem Thema so hingebungsvoll im Vatikan widmen könnte sei dahin gestellt. Problematisch könnte ein amerikanischer Papst zudem auch für Christen in der muslimischen Welt werden, da zusätzlich zur religiösen Unterdrückung durchaus antiamerikanische Schikane zu befürchten wäre.

Die Top3 Papst Wunschliste des Kulturpflegers:

  • Österreichs Kardinal Schönborn, der sich bei seinen mutigen Kampf für die Aufklärung der Missbrauchsfälle in Österreich sogar eine Rüffel aus dem Vatikan einholte
  • Kanadas Kardinal Marc Ouellet (68), der das brisante Thema Missbrauch offen angeht („… zuzuhören und den Opfern glauben)
  • Der US-amerikanische Kardinal Sean Patrick O’Malley, der vermutlich das komplette vatikanische Tafelsilber zugunsten der Missbrachsopfer versilbern würde.

Ende offen

Das Ergebnis der Wahl ist mehr als offen. Vielleicht reicht es den Mächtigen im Vatikan an Experimenten mit einem Polen und einem Deutschen und es wird nach Karol Wojtyla und Josef Ratzinger wieder ein italienischer Papst geben, wie es lange Zeit davor der Fall war. Vielleicht steckt aber in der Mehrheit der Kardinäle doch der Wunsch nach einem sichtbaren Zeichen für Erneuerung und es kann sich ein Zweidrittel Lager für einen modernen Außenseiter finden. Wir dürfen gespannt sein. Ab heute Nachmittag wird gewählt. Eine Mischung aus Oscar Verleihung und Königskrönung.

 

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